Nicht nur die Inhaberfamilie, auch Fremdmanager und familienfremde Mitglieder der Aufsichtsgremien sollten mit den besonderen Werten und Zielen der Inhaber vertraut gemacht werden und sich mit ihnen identifizieren können. Ohne ein einheitliches Verständnis von der Grundausrichtung der – aus der Inhaberstrategie folgenden – Unternehmensstrategie sind Konflikte zwischen Inhabern und Fremdmanagern vorprogrammiert.

Ein Anspruch auf Mitarbeit im Unternehmen lässt sich aus der Inhaberstellung ebenso wenig ableiten wie ein Anspruch auf bevorzugte Behandlung bei sonstigen Vertragsbeziehungen (z. B. Dienstleistungsverträge, Mietverträge o. ä.).

Deshalb sollte klar definiert sein, welche Rollen die Mitglieder der Inhaberfamilie im Unternehmen übernehmen können (z.B. Einsatz nur auf der Ebene Geschäftsführung oder Bereichsleitung). Praktika, Berufsausbildungen sowie klar definierte Projekte für den Firmennachwuchs sollten ebenfalls geplant werden.

Soweit eine Mitarbeit vorgesehen ist, sollten die Anforderungen an die Qualifikation und Kompetenz klar definiert und gleiche Zugangsvoraussetzungen für alle Familienmitglieder gewährleistet werden. Darüber hinaus sollten die Regeln für den Auswahlprozess sowie für sämtliche Vertragsbeziehungen zwischen dem Unternehmen, den Gremien und den Mitgliedern der Inhaberfamilie gegenüber allen Inhabern offengelegt werden. Der Auswahlprozess für ein Familienmitglied in der Unternehmensführung kann zudem die Evaluierung durch einen externen, professionellen Berater beinhalten.

Ist ein Aufsichtsgremium etabliert, empfiehlt es sich, die Entscheidungszuständigkeit für sämtliche vertragliche Beziehungen mit den Familienmitgliedern bei diesem (bevorzugt bei den familienunabhängigen Mitgliedern) anzusiedeln.

Bei der Festlegung der Kompetenzen im Rahmen der Mitwirkung an der Geschäftsführung sollte ein Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte festgelegt werden; durch die Zustim-mungspflichten darf die grundsätzliche Aufgabentrennung zwischen Unternehmensführung und Aufsichtsgremium jedoch nicht aufgehoben werden.

In der Regel sollte man nicht versuchen, einen abschließenden Katalog zu entwickeln, sondern lieber exemplarische Fälle erörterungsbedürftiger Entscheidungen festlegen.

Hierzu gehören z.B. für die Risikoexposition (z.B. maximale Verlustwirkung 20% des Eigenkapitals) und für die nachhaltige Ergebnisentwicklung (z.B. größer als 10% des EBIT) gravierende Geschäftsvorgänge sowie alle die Strukturen des Unternehmens in organisatorischer, personeller oder vertraglicher Hinsicht grundsätzlich beeinflussenden Veränderungen.

Weitere typische zustimmungspflichtige Geschäfts sind z.B. Entscheidungen, die

  • die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens nachhaltig beeinflussen,
  • neue Initiativen zur strategischen Ausrichtung mit sich bringen,
  • ein bestimmtes Finanzvolumen überschreiten,
  • die Außendarstellung des Unternehmens nachhaltig ändern,
  • Erwerb oder Veräußerung von Unternehmen.
  • Bei Unternehmensgruppen sollte zudem darauf geachtet werden, dass der Katalog der zustimmungsbedürftigen Entscheidungen sich auf die gesamte Unternehmensgruppe bezieht und nicht nur auf die Holding-Gesellschaft.

Schließlich sollte noch festgelegt werden, bei welchen grundlegenden Entscheidungen des Aufsichtsgremiums die vorhergehende Beratung mit oder gar eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung erforderlich ist.
Fremdmanager sollten ihrerseits darauf hinwirken, dass die jeweiligen Rollen von Inhabern Aufsichtsgremien und Management klar abgegrenzt werden. Nur klare Strukturen führen zu berechenbaren Entscheidungen.

Je größer der Gesellschafterkreis, desto eher sollten die Personalkompetenz über die Geschäftsführung einem Aufsichtsgremium zugewiesen werden. Für die nicht im Unternehmen tätigen Familienmitglieder ist Transparenz der entsprechenden Entscheidungen wichtig. Außerdem sollte  es zwischen dem Aufsichtsgremium und den Inhabern ein klares Verständnis über das Anforderungsprofil und die ggf. vorhandenen Abweichungen bestehen.

Große Aufsichtsgremien können die Bestellung, Abberufung und weitere Personalentscheidungen von Mitgliedern der Unternehmensführung auf einen sog. Personalausschuss übertragen, der auch die Bedingungen des Anstellungsvertrages einschließlich der Vergütung festlegt.

Die Sicherstellung einer ausreichenden  Informationsversorgung des Aufsichtsgremiums ist eine gemeinsame Aufgabe von Unternehmensführung und Aufsichtsgremium.
Die regelmäßige Information des Aufsichtsgremiums durch die Unternehmensführung sollte vom Aufsichtsgremium in der Geschäftsordnung der Unternehmensführung geregelt werden. Sie sollte zeitnah, umfassend, schriftlich und rechtzeitig vor den Sitzungen erfolgen. Bestandteile der Berichterstattung können z. B. sein:

  • aktuelle Geschäftsentwicklung,
  • Planabweichungen,
  • außergewöhnliche Ereignisse,
  • Chancen- und Risikomanagement,
  • Internes Kontrollsystem,
  • Compliance.

Der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums sollte immer die jeweiligen Sitzungsprotokolle der Unternehmensführung erhalten.
 
Zu beachten ist noch, dass ein unterschiedlicher Informationsstand von aktiv eingebundenen und passiven Gesellschaftern über die Lage des Unternehmens schnell zu Konflikten innerhalb der Inhaberfamilie führen kann. Mit den jeweiligen Interessenlagen sollte sich daher sowohl die Unternehmensführung als auch der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums im Rahmen der Festlegung der Bestandteile der Berichterstattung intensiv auseinandersetzen. In der Regel empfiehlt es sich, den Gesellschaftern regelmäßig (auch außerhalb der Gesellschafterversammlungen) Informationen über das Unternehmen zu geben. Allerdings muss die Geheimhaltung (z.B. durch entsprechende Geheimhaltungsklauseln in den Gesellschafterverträgen) sichergestellt sein.

Zu den Grundsätzen guter Governance bei Publikumsgesellschaften gehört es, dass ein ehemaliges Mitglied der Unternehmensführung nicht unmittelbar im Anschluss an seine operative Tätigkeit zum Vorsitzenden eines Aufsichtsgremiums berufen wird. Auf Familienunternehmen lässt sich dieser Grundsatz nicht ohne Weiteres übertragen. In Zusammenhang mit einer reibungslosen Nachfolgeregelung kann es sehr wohl günstig sein, dass ein früherer geschäftsführender Gesellschafter vom Vorsitz  in der Unternehmensführung in den Vorsitz des Aufsichtsgremiums wechselt, insbesondere dann, wenn sich das Familienunternehmen im Übergang vom familiengeführten zum familienkontrollierten Familienunternehmen befindet. Die angemessene Lösung muss die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigen.  

Die Vor- und Nachteile der Abweichung von der allgemeinen Empfehlung sind in jedem Fall sorgfältig abzuwägen. Auch sind Alternativen und Variationen der Beteiligung des früheren Vorsitzenden der Unternehmensführung an der Governance des Unternehmens zu erwägen. Ein Möglichkeit könnte beispielsweise sein, dass der frühere geschäftsführende Gesellschafter den Vorsitz in einem Familienrat der Gesellschafter einnimmt.

In einigen Familienunternehmen ziehen es die früheren Vorsitzenden der Unternehmensführung oder maßgebliche Inhaber vor, eine Position als ordentliches Mitglied des Aufsichtsgremiums oder als stellvertretende Vorsitzende neben einem familienexternen Gremiumsvorsitzenden einzunehmen.

Bei der Entscheidung über die Zusammensetzung sollte auch auf die Unabhängigkeit der Mitglieder der Unternehmensführung geachtet werden. Dem dienen insbesondere folgende Maßnahmen:

  • Vergütete Nebentätigkeiten außerhalb des Unternehmens (insbesondere Mandate in Aufsichtsgremien) sollten nur mit Zustimmung der Inhaber oder des Aufsichtsgremiums übernommen werden dürfen.
  • Geschäfte zwischen dem Unternehmen einerseits und den Mitgliedern der Unterneh-mensführung sowie ihnen nahestehenden Personen andererseits müssen branchenüblichen Standards entsprechen. Sie sollten ebenfalls von der Zustimmung der Inhaber oder des Aufsichtsgremiums abhängig gemacht werden.
  • Interessenkonflikte sollten unverzüglich gegenüber den Inhabern, bei Bestehen eines Aufsichtsgremiums diesem gegenüber offengelegt werden.

Bei der Berufung in die Unternehmensführung ist darauf zu achten, dass die Kandidaten über eine ausreichende fachliche und persönliche Qualifikation verfügen und sich mit den Werten und Zielen der Inhaberfamilie identifizieren. Die Inhaber sollten auch festlegen, ob und wie viele Familienmitglieder in der Unternehmensführung tätig sein können.

Bei der Frage, ob und wie viele Familien¬mitglieder in der Unternehmens¬führung tätig sein können, sollte vorher festgelegt werden, wie der Einfluss der Familie auf das Wachstum or-gani¬siert ist oder werden soll (z. B. von der ersten in die zweite Generation respektive vom Alleininhaber in die nächste Generation.)
Von einer familieninternen Berufung in die Unternehmensführung sollte die Qualifikation und Begründung vom Inhaber offen in das Familiengremium kommuniziert werden.

Bei einer Abberufung eines Inhabers aus der Unternehmensführung ist auf einen fairen Um-gang zu achten. Zudem sollten die Gründe der Abberufung im gegenseitigen Einvernehmen auch nach außen kommuniziert werden.

Fremdmanager sollten sich ihrerseits beim Eintritt in die Unternehmensführung eines Fami-lienunternehmens vergewissern, dass dieses auf einem stabilen inhaberstrategischen Fun-dament steht. So werden Fremdmanager auf Dauer nur dann Erfolg haben, wenn sie eine emotionale Bindung zu den Gesellschaftern aufbauen. Dies gelingt umso eher, je stärker sie das Werte- und Zielsystem der Inhaber teilen.

Ebenso wie für Mitglieder des Aufsichtsgremiums sind auch für Mitglieder der Unternehmensführung

  • fachliche Kompetenz
  • persönliche Kompetenz
  • Übereinstimmung mit den Werten und Zielen der Inhaberfamilie

von besonderer Bedeutung.

Konkrete Anforderungskriterien können z. B. sein:

  • Fachkenntnisse
  • Fremdsprachenkenntnisse
  • erfolgreiche Führungstätigkeit außerhalb des Familienunternehmens
  • Tätigkeit in einer anderen Branche
  • Berufstätigkeit im Ausland
  • soziale Kompetenz
  • charakterliche Eignung.

Für Familienmitglieder, die eine Managementposition anstreben, ist oft ein Management Appraisal oder einem Management Assessment sinnvoll. Je größer das Unternehmen, umso eher sollten externe Berater für die Überprüfung herangezogen werden.
Je größer das Familienunternehmen wird, desto kritischer wird von Externen eine Berufung von Familienmitgliedern beurteilt. Deshalb sollten qualifizierte Familienkandidaten stets auch darüber nachdenken, inwieweit eine Funktion als Aufsichts-/Beirat des Familienunternehmens in Betracht kommt.
Externe Manager ohne Erfahrungen in Familienunternehmen sollten sich vor ihrem Eintritt mit den besonderen Dynamiken von Familienunternehmen vertraut machen. Sie sollten selbstkritisch beurteilen, ob sie für eine hinter die Inhaberfamilie zurücktretende Rolle besonders qualifiziert sind („Treuhänder der Familie“; „Demut“).
Auch sollten Fremdmanager erfragen, ob das Anforderungsprofil von den Inhabern einvernehmlich erarbeitet wurde bzw. getragen wird.

Fremdmanager sollten sich ein klares Bild ihrer Rolle im Unternehmen verschaffen: Streben die Inhaber ein dauerhaft fremdgeführtes und inhaberkontrolliertes Unternehmen an, soll es eine aus Familienmitgliedern und Fremdmanagern gemischte Geschäftsführung geben oder dient das Fremdmanagement als vorübergehende Überbrückung einer bereits beabsichtigten familieninternen Nachfolgeregelung?

Die Vertragsdauer sollte in der Regel fünf Jahre nicht überschreiten. Auch sollten die Verträge sich nicht automatisch (d. h. ohne erneute Entscheidung) verlängern.

In der Regel ist die durchschnittliche Verweildauer von Fremdmanagern in Familienunternehmen höher als bei kapitalmarktorientierten Unternehmen. Sollte dies bei einem Familienunternehmen  nicht der Fall sein, sollte sich der Fremdmanager vor seinem Einstieg oder Aufstieg in die Unternehmensführung mit den Gründen auseinandersetzen.

Die Nachfolgeplanung sollte in der Regel von der Unternehmensführung selbst in enger Abstimmung mit Inhabern bzw. dem von ihnen eingerichteten Aufsichtsgremium erarbeitet werden. Sie sollte einmal jährlich mit den Inhabern selbst oder dem Aufsichtsgremium diskutiert werden.

Die Inhaber sollten prüfen, ob dann, wenn ein Aufsichtsgremium besteht, diesem auch die Zuständigkeit für die Auswahl, Abschluss, Honorierung und Beendigung der Vertragsbeziehungen mit den Mitgliedern der Unternehmensführung übertragen werden soll (umfassende Personalkompetenz). Die Einbindung passiver Gesellschafter bei der Entscheidung über die Vergütung der Unternehmensführung ist in der Regel nicht zu empfehlen, insbesondere, wenn diese keine realistische Einschätzung in Bezug auf die marktübliche Vergütung haben.

Die Vergütung sollte aus fixen und variablen Anteilen bestehen und an die Erreichung der Werte und Ziele der Inhaber gekoppelt werden. Dabei sollten die variablen Vergütungsanteile jährlich wiederkehrende Komponenten sowie Bestandteile mit langfristiger Anreizwirkung, etwa erzielte Wertsteigerungen enthalten.

Ein häufig diskutiertes Thema zwischen Inhabern und Fremdmanagement ist die Frage der Beteiligung an dem Familienunternehmen. Hier gehen die Interessen der Beteiligten (Sicherung der Anteile in Familienhand vs. langfristige Motivationswirkung) naturgemäß auseinander. In der Praxis haben sich jedoch diverse hybride Modelle entwickelt, die die Interessenlagen angleichen können.

Regelungsbedürftig sind insbesondere der Ausschluss oder die entsprechende Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Regelungen für den Vorstand, der Verschuldensmaßstab, eine etwaige Beschränkung der Haftung der Höhe nach und die Abdeckung des Haftungsrisikos durch eine Versicherung mit oder ohne Selbstbehalt.

Fremdgeschäftsführer haften (sog. Innenhaftung) in der AG nach § 93 Abs. 2 AktG, in der GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG, in der GmbH & Co. KG nach § 43 GmbHG analog und in der reinen Personengesellschaft auf vertraglicher Grundlage nach den Regeln der Arbeitnehmerhaftung. In der GmbH können die Inhaber die Innenhaftung beschränken.  So kann sie beispielsweise auf einen bestimmten Höchstbetrag (z.B. eine Jahresvergütung) begrenzt oder der Sorgfaltsmaßstab modifiziert werden (z.B. Ausschluss der Haftung für einfache Fahrlässigkeit). Schließlich kann auch die Verjährungsfrist verkürzt werden oder die Gesellschaft auf die Durchsetzung eines Anspruchs verzichten. Bei der AG besteht dagegen ein gesetzliches Verbot, vor Ablauf von drei Jahren und ohne Zustimmung der Hauptversammlung auf Ersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder zu verzichten (§ 93 Abs. 4 AktG).

Beim Abschluss einer D&O-Versicherung ist zu beachten, dass häufig gerade der Bereich der Innenhaftung von dem Versicherungsschutz ausgenommen ist. Grundlagen und Umfang einer möglichen Haftung der Mitglieder der Unternehmensführung sollten daher gerade hier eindeutig geregelt sein. Dabei wird empfohlen, auf die einschlägigen Regelungen im AktG Bezug zu nehmen.