Wichtig ist, dass die Werte und Ziele von allen Mitgliedern der Inhaberfamilie mitgetragen werden. Sie sollten deshalb in einem gemeinsamen moderierten Prozess erarbeitet werden. Es wird empfohlen, vorab festzulegen, was im Falle von Uneinigkeit passieren soll.
Eine allgemeingültige Festlegung ist nicht möglich. Werte und Ziele sind stets individuell und müssen zu der jeweiligen Familie und dem Unternehmen passen.
Häufig genannte Werte und Ziele sind z. B.:    
  • Unternehmen in Familienbesitz erhalten,
  • Unabhängigkeit wahren,
  • Unternehmensinteresse vor Partikularinteressen stellen,
  • nachhaltige Unternehmensführung unter Wahrung politischer und gesellschaftlicher Verantwortung.
Nicht nur die Inhaberfamilie, auch Fremdmanager und familienfremde Mitglieder der Aufsichtsgremien sollten mit den besonderen Werten und Zielen der Inhaber vertraut gemacht werden und sich mit ihnen identifizieren können. Ohne ein einheitliches Verständnis von der Grundausrichtung der – aus der Inhaberstrategie folgenden – Unternehmensstrategie sind Konflikte zwischen Inhabern und Fremdmanagern vorprogrammiert.

Die wichtigste Verpflichtung für die Inhaber ist die intensive Bemühung zur Einigkeit. Hierzu sollte es eine ausgesprochene Verpflichtung und ein Verfahren zu ihrer Sicherung geben. Wenn sie jedoch trotz intensiver Bemühungen aller nicht hergestellt werden kann und ein Schaden für das Unternehmen erkennbar wird, sollte über eine Trennung oder über eine Aufteilung des Unternehmens nachgedacht werden.

Für aktive Gesellschafter kann dies auch bedeuten, dass im Rahmen der Sicherung der Unternehmenswerte und Ziele zunächst ein Wechsel aus der aktiven Gesellschafterrolle in die passive in Betracht gezogen werden sollte, sodass das Unternehmen langfristig zusammengehalten werden kann. Zu bedenken sind hierbei auch die Konsequenzen für die nachfolgende Generation.

Bei Familienunternehmen mit einer Vielzahl von Inhabern kann zusätzlich ein Familienrat* (oder ein ähnlich zu benennendes Gremium) eingerichtet werden, um die Willensbildung innerhalb der Familie wirksam zu strukturieren und die Kontakte unter den Mitgliedern der Inhaberfamilie sowie zwischen den Inhabern und dem Unternehmen besser pflegen zu können. Dabei ist es wichtig, den Familienrat sinnvoll in das bestehende Aufgaben- und Kompetenzgefüge einzufügen: die Aufgaben des Familienrates müssen klar definiert und in der Familie kommuniziert werden.

*Nicht zu verwechseln ist dieser Rat als freiwilliges Kontrollorgan mit einem Aufsichtsgremium oder einem Beirat.

Ein Anspruch auf Mitarbeit im Unternehmen lässt sich aus der Inhaberstellung ebenso wenig ableiten wie ein Anspruch auf bevorzugte Behandlung bei sonstigen Vertragsbeziehungen (z. B. Dienstleistungsverträge, Mietverträge o. ä.).

Deshalb sollte klar definiert sein, welche Rollen die Mitglieder der Inhaberfamilie im Unternehmen übernehmen können (z.B. Einsatz nur auf der Ebene Geschäftsführung oder Bereichsleitung). Praktika, Berufsausbildungen sowie klar definierte Projekte für den Firmennachwuchs sollten ebenfalls geplant werden.

Soweit eine Mitarbeit vorgesehen ist, sollten die Anforderungen an die Qualifikation und Kompetenz klar definiert und gleiche Zugangsvoraussetzungen für alle Familienmitglieder gewährleistet werden. Darüber hinaus sollten die Regeln für den Auswahlprozess sowie für sämtliche Vertragsbeziehungen zwischen dem Unternehmen, den Gremien und den Mitgliedern der Inhaberfamilie gegenüber allen Inhabern offengelegt werden. Der Auswahlprozess für ein Familienmitglied in der Unternehmensführung kann zudem die Evaluierung durch einen externen, professionellen Berater beinhalten.

Ist ein Aufsichtsgremium etabliert, empfiehlt es sich, die Entscheidungszuständigkeit für sämtliche vertragliche Beziehungen mit den Familienmitgliedern bei diesem (bevorzugt bei den familienunabhängigen Mitgliedern) anzusiedeln.

Zu den Grundsätzen guter Governance bei Publikumsgesellschaften gehört es, dass ein ehemaliges Mitglied der Unternehmensführung nicht unmittelbar im Anschluss an seine operative Tätigkeit zum Vorsitzenden eines Aufsichtsgremiums berufen wird. Auf Familienunternehmen lässt sich dieser Grundsatz nicht ohne Weiteres übertragen. In Zusammenhang mit einer reibungslosen Nachfolgeregelung kann es sehr wohl günstig sein, dass ein früherer geschäftsführender Gesellschafter vom Vorsitz  in der Unternehmensführung in den Vorsitz des Aufsichtsgremiums wechselt, insbesondere dann, wenn sich das Familienunternehmen im Übergang vom familiengeführten zum familienkontrollierten Familienunternehmen befindet. Die angemessene Lösung muss die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigen.  

Die Vor- und Nachteile der Abweichung von der allgemeinen Empfehlung sind in jedem Fall sorgfältig abzuwägen. Auch sind Alternativen und Variationen der Beteiligung des früheren Vorsitzenden der Unternehmensführung an der Governance des Unternehmens zu erwägen. Ein Möglichkeit könnte beispielsweise sein, dass der frühere geschäftsführende Gesellschafter den Vorsitz in einem Familienrat der Gesellschafter einnimmt.

In einigen Familienunternehmen ziehen es die früheren Vorsitzenden der Unternehmensführung oder maßgebliche Inhaber vor, eine Position als ordentliches Mitglied des Aufsichtsgremiums oder als stellvertretende Vorsitzende neben einem familienexternen Gremiumsvorsitzenden einzunehmen.

Bei der Entscheidung über die Zusammensetzung sollte auch auf die Unabhängigkeit der Mitglieder der Unternehmensführung geachtet werden. Dem dienen insbesondere folgende Maßnahmen:

  • Vergütete Nebentätigkeiten außerhalb des Unternehmens (insbesondere Mandate in Aufsichtsgremien) sollten nur mit Zustimmung der Inhaber oder des Aufsichtsgremiums übernommen werden dürfen.
  • Geschäfte zwischen dem Unternehmen einerseits und den Mitgliedern der Unterneh-mensführung sowie ihnen nahestehenden Personen andererseits müssen branchenüblichen Standards entsprechen. Sie sollten ebenfalls von der Zustimmung der Inhaber oder des Aufsichtsgremiums abhängig gemacht werden.
  • Interessenkonflikte sollten unverzüglich gegenüber den Inhabern, bei Bestehen eines Aufsichtsgremiums diesem gegenüber offengelegt werden.

Bei der Berufung in die Unternehmensführung ist darauf zu achten, dass die Kandidaten über eine ausreichende fachliche und persönliche Qualifikation verfügen und sich mit den Werten und Zielen der Inhaberfamilie identifizieren. Die Inhaber sollten auch festlegen, ob und wie viele Familienmitglieder in der Unternehmensführung tätig sein können.

Bei der Frage, ob und wie viele Familien¬mitglieder in der Unternehmens¬führung tätig sein können, sollte vorher festgelegt werden, wie der Einfluss der Familie auf das Wachstum or-gani¬siert ist oder werden soll (z. B. von der ersten in die zweite Generation respektive vom Alleininhaber in die nächste Generation.)
Von einer familieninternen Berufung in die Unternehmensführung sollte die Qualifikation und Begründung vom Inhaber offen in das Familiengremium kommuniziert werden.

Bei einer Abberufung eines Inhabers aus der Unternehmensführung ist auf einen fairen Um-gang zu achten. Zudem sollten die Gründe der Abberufung im gegenseitigen Einvernehmen auch nach außen kommuniziert werden.

Fremdmanager sollten sich ihrerseits beim Eintritt in die Unternehmensführung eines Fami-lienunternehmens vergewissern, dass dieses auf einem stabilen inhaberstrategischen Fun-dament steht. So werden Fremdmanager auf Dauer nur dann Erfolg haben, wenn sie eine emotionale Bindung zu den Gesellschaftern aufbauen. Dies gelingt umso eher, je stärker sie das Werte- und Zielsystem der Inhaber teilen.

Ebenso wie für Mitglieder des Aufsichtsgremiums sind auch für Mitglieder der Unternehmensführung

  • fachliche Kompetenz
  • persönliche Kompetenz
  • Übereinstimmung mit den Werten und Zielen der Inhaberfamilie

von besonderer Bedeutung.

Konkrete Anforderungskriterien können z. B. sein:

  • Fachkenntnisse
  • Fremdsprachenkenntnisse
  • erfolgreiche Führungstätigkeit außerhalb des Familienunternehmens
  • Tätigkeit in einer anderen Branche
  • Berufstätigkeit im Ausland
  • soziale Kompetenz
  • charakterliche Eignung.

Für Familienmitglieder, die eine Managementposition anstreben, ist oft ein Management Appraisal oder einem Management Assessment sinnvoll. Je größer das Unternehmen, umso eher sollten externe Berater für die Überprüfung herangezogen werden.
Je größer das Familienunternehmen wird, desto kritischer wird von Externen eine Berufung von Familienmitgliedern beurteilt. Deshalb sollten qualifizierte Familienkandidaten stets auch darüber nachdenken, inwieweit eine Funktion als Aufsichts-/Beirat des Familienunternehmens in Betracht kommt.
Externe Manager ohne Erfahrungen in Familienunternehmen sollten sich vor ihrem Eintritt mit den besonderen Dynamiken von Familienunternehmen vertraut machen. Sie sollten selbstkritisch beurteilen, ob sie für eine hinter die Inhaberfamilie zurücktretende Rolle besonders qualifiziert sind („Treuhänder der Familie“; „Demut“).
Auch sollten Fremdmanager erfragen, ob das Anforderungsprofil von den Inhabern einvernehmlich erarbeitet wurde bzw. getragen wird.

Fremdmanager sollten sich ein klares Bild ihrer Rolle im Unternehmen verschaffen: Streben die Inhaber ein dauerhaft fremdgeführtes und inhaberkontrolliertes Unternehmen an, soll es eine aus Familienmitgliedern und Fremdmanagern gemischte Geschäftsführung geben oder dient das Fremdmanagement als vorübergehende Überbrückung einer bereits beabsichtigten familieninternen Nachfolgeregelung?

Die Vertragsdauer sollte in der Regel fünf Jahre nicht überschreiten. Auch sollten die Verträge sich nicht automatisch (d. h. ohne erneute Entscheidung) verlängern.

In der Regel ist die durchschnittliche Verweildauer von Fremdmanagern in Familienunternehmen höher als bei kapitalmarktorientierten Unternehmen. Sollte dies bei einem Familienunternehmen  nicht der Fall sein, sollte sich der Fremdmanager vor seinem Einstieg oder Aufstieg in die Unternehmensführung mit den Gründen auseinandersetzen.

Die Nachfolgeplanung sollte in der Regel von der Unternehmensführung selbst in enger Abstimmung mit Inhabern bzw. dem von ihnen eingerichteten Aufsichtsgremium erarbeitet werden. Sie sollte einmal jährlich mit den Inhabern selbst oder dem Aufsichtsgremium diskutiert werden.

Alternativ zu einer individuellen Vorsorge durch die Inhaber können die Inhaber auch eine kollektive Erbschaftssteuervorsorge vorsehen und bestimmen, dass ein Teil des Gewinns als Sondervermögen zur Begleichung möglicher Erbschaftszahlungen im Unternehmen verbleibt. In diesem Fall sind die Höhe eines entsprechenden Sondervermögens festzulegen und Verwendungsregeln festzulegen. Ebenfalls frühzeitige Beachtung sollte der Liquiditätsplanung im Erbfall geschenkt werden.

Es muss eine klare Definition der „Berechtigten“ geben: Wer gehört zur Familie, wer kann Gesellschafter werden, wann muss man den Kreis der Gesellschafter verlassen? Ebenso muss klar geregelt werden, wie der Übertragungsprozess von Anteilen durchgeführt und die  Regelkonformität der Durchführung kontrolliert wird..